Als Wunsch-Feature möchte ich öffentliche Gruppen anregen - im Wissen, dass hier manchmal auch Mitarbeiter von Threema mitlesen und um diesen Wunsch allgemein zur Diskussion zu stellen.
Damit nicht alles durcheinander geht, lege ich gerne im Folgenden dar was ich genau darunter verstehe (für all diejenigen, die keinen Messenger mit dieser Funktion verwenden und sie deswegen womöglich nicht kennen), wie dieses Feature möglicherweise auch in Sachen Erhöhung der Nutzerbasis nützlich sein könnte, was öffentliche Gruppen überhaupt bei einem Messenger zu suchen haben der einen Schwerpunkt auf Privatsphäre legt (und warum das kein Widerspruch ist) und wie ein möglicher Weg der Umsetzung aussehen könnte.
Genau deswegen wird dieser Post auch recht lang; sorry schon mal
Öffentliche Gruppen gibt es schon lange bei der Konkurrenz, beispielsweise bei WhatsCrapp, Kik, etc. Letztendlich sind darunter (z.B. themenbezogene) Gruppen zu verstehen, denen jeder beitreten kann der entweder
a) einen speziellen Gruppenlink kennt (z.B. bei WhatsApp - und ich beziehe mich im Folgenden ausschließlich auf WA)
b) den eindeutigen Namen der Gruppe kennt (z.B. bei Kik).
Zwar nutze ich selbst WhatsApp schon lange nicht mehr im Alltag, habe mich aber mit diesem Thema im Freundeskreis auseinandergesetzt. Auf einem Test-Smartphone nutze ich aus diesem Grund dennoch seit einigen Monaten WhatsApp um nachvollziehen zu können, warum sich diese öffentlichen Gruppen so großer Beliebtheit erfreuen, wie sie zum Zugpferd von WA werden konnten bzw. um den sozialen Aspekt und die dortige Kommunikationskultur (die in weiten Teilen mit der allgemeinen Kommunikationskultur jüngerer Menschen gleichzusetzen ist) zu verstehen.
Mit den Erfahrungen der letzten Monate ausgestattet begreife ich nun, warum viele Menschen jeden Tag einige Tausend Nachrichten bei WhatsApp bekommen und warum für zumindest diese Menschen Threema kein gleichwertiger Ersatz für WA sein kann: Der Ansatz "Ich bleibe über einen Messenger mit meinen Freunden / Kollegen / Familie in Verbindung" spielt nicht mehr die alleinige Rolle und geht zumindest meiner Beobachtung nach deutlich zurück. Vielmehr geht es zu einem großen Teil auch um "Ich lerne über einen Messenger (virtuell) neue Leute kennen und tausche mich mit ihnen über diesen Messenger über gemeinsame Interessen aus".
Bei WA gibt es vermutlich hunderttausende öffentliche Gruppen. Um beizutreten benötigt man den oben genannten Link, den man direkt in WA öffnen und damit beitreten kann. Diese Links werden innerhalb von WA entsprechend angezeigt, enthalten das Gruppenbild und ggf. auch eine Beschreibung um was es in der Gruppe geht.
Zentrale Frage ist: Wie kommt man als WA-Nutzer an die entsprechenden Links?
a) Über Freunde: Man verschickt den Gruppenlink einfach an alle Mitglieder des Vogelzüchtervereins und mit einem Klick ist jeder der Gruppe beigetreten.
b) Über sog. "Werbungsgruppen": Es gibt bei WA unzählige öffentliche Gruppen, worin täglich hunderte solcher Links verschickt werden.
c) Über entsprechend darauf spezialisierte Seiten wie z.B. groupler.me u.v.a.
d) Über extra für diese Zwecke eingerichtete Seiten und Gruppen bei Facebook & Co.
Die Vielfalt an Themen ist unüberschaubar. Es gibt Gruppen zu Hundeerziehung, regionale Tauschbörsen, Datinggruppen, Meme-Tauschgruppen, gegenseitige Hilfe bei PC-Problemen, Gruppen über die Bewertung von Restaurants zur jeweiligen Stadt, etc. Grob zusammengefasst: Es gibt vermutlich kein Themengebiet, welches nicht vielfache Entsprechungen in öffentlichen WA-Gruppen findet. In allen möglichen Sprachen, teilweise international mit allen erdenklichen Landesvorwahlen der Teilnehmer.
Um beim Stichwort zu bleiben: Bei WA sehen alle Gruppenmitglieder zwangsläufig die eigene Handynummer - und man selbst sieht alle anderen. Eigentlich ein datenschutzmäßiger Supergau: Ich habe nun tausende Handynummern auf dem Testgerät und könnte mit dem Bemühen der integrierten Suchfunktion eine Menge über diejenige Person herausfinden - umsomehr wenn diese Person auch weitere Gruppenlinks teilt, man sich somit ein Bild über die Interessen machen und Äußerungen in diesen Gruppen auswerten kann. Schon alleine deswegen wäre Threema ohne eine angezeigte Telefonnummer eine ideale Plattform für solche Gruppen.
Als Randbemerkung: Dieses Konzept lebt natürlich davon, dass genug Mitglieder in einer Gruppe sind weil die Sache sonst einschläft. Bei WA gilt offiziell ein Limit von 255 Mitgliedern, welches in vielen Gruppen oftmals erreicht ist und man somit auf Aufnahme warten muss. Andererseits gibt es wohl irgendeinen Trick, mit dem man das Limit umgehen kann. So war ich auch schon Teil von Gruppen mit jeweils über 700 Mitgliedern (fragt mich bitte nicht wie das geht, ist aber so).
Ich könnte jetzt eine Menge zum Innenleben dieser Gruppen erzählen, die Art der Kommunikation, etc. Für mich sehr interessant, das soll aber hier nicht das Thema sein.
Auf mich bezogen kann ich sagen: Der Test war interessant und lehrreich, aber unterm Strich ist das nichts für mich. Ich habe verstanden, warum viele Menschen WA täglich mehrere Stunden nutzen. Ich habe dazu weder Zeit noch Lust. Und ich kann auch darauf verzichten, weiterhin nach der Arbeit jeden Tag knapp 10.000 ungelesene Nachrichten auf dem Handy warten zu haben.
Meine persönliche Meinung spielt aber keine Rolle.
Fakt ist dagegen, dass der Kommunikationskanal "öffentliche Gruppen in Messengern" offenbar zu einem dauerhaften Alltagsphänomen geworden ist und in unserer Gesellschaft ganz allgemein eine wichtige Rolle spielt (wenn auch überwiegend bei der Generation U30). Und Fakt ist auch, dass Threema daran nicht Teil hat.
Ich stelle mir die Frage, warum Threema diese Funktion - die offenbar bei Teilen der Smartphone-Nutzer eine so essentielle Rolle spielt - nicht implementiert hat? Wenn das passieren würde, würde man
a) schlicht eine weitere (offenbar für Viele als nötig erachtete) Funktion einbauen,
b) vermutlich einen großen Werbeeffekt auslösen: Man denke an die oben beschriebenen Verbreitungswege der Gruppenlinks über extra eingerichtete Internetdienste, Seiten in den sozialen Medien, etc.
Technisch sehe ich keine Gründe, warum das bei Threema nicht funktionieren sollte. Eine (aus Datenschutzgründen willkommene) Eigenheit bei Threema ist ja, dass die Gruppenverwaltung nicht serverseitig sondern auf dem Endgerät des Gruppenadmins stattfindet. Beim Aktivieren des Einladungslinks muss also das Admin-Handy "informiert" werden. Und dann ist es eine grundsätzliche Designentscheidung, ob der Admin eine Benachrichtigung erhält und den Beitritt bestätigen oder ablehnen muss - oder ob bei ausreichend freien Plätzen jede Anfrage positiv beschieden wird.
Sollte das Admin-Handy ausgeschaltet oder offline sein funktioniert die Sache natürlich nicht. In dem Fall kann bei der beitrittswilligen Person eine Meldung nach dem Schema "Das Gerät des Gruppen-Admins ist zur Zeit nicht erreichbar. Deine Beitrittsanfrage wird bearbeitet sobald es eingeschaltet wird" angezeigt werden.
Allerdings müsste man in diesem Fall für die Kontaktliste eine Lösung finden: Threema fügt sämtliche mir persönlich unbekannten Teilnehmer von Gruppen automatisch in die Threema-eigene Kontaktliste ein. Beim Beitritt zu öffentlichen Gruppen hätte man also sofort Chaos in der Kontaktliste und müsste jeden einzelnen Kontakt manuell umbenennen (und z.B. ein | voranstellen, damit der Eintrag ans Ende der Liste rutscht). Auch das ist aber eine lösbare Frage.
Letztendlich glaube ich, dass solch eine Funktion auf großes Interesse stoßen würde. Bei den jüngeren Durschnittsnutzern, nicht unbedingt bei datenschutzbewussten Ü30-Leuten wie mir. 95% der Gruppen die ich in diesem Test kennengelernt hatte interessieren mich nicht. Persönlich könnte ich darauf verzichten. Allerdings glaube ich dass dieses Feature so wichtig ist, dass Threema es nicht länger ignorieren kann wenn eine relevante Anzahl von Nutzern erreichen werden soll - Nutzer die mehr aus dem gesellschaftlichen Mainstream kommen und nicht nur datenschutzbewusste Verschlüsselungsmenschen wie wir
Wie denkt ihr darüber?